Deutschen fehlt Streitkultur in den Medien – Experten

Einseitigkeit und Skandalisierung sind beinahe neue Kultur im modernen Journalismus geworden, meinen ­Experten. Dass es eine andere Berichterstattung in Europa gibt, wünschen sich immer mehr Bürger.

Umfrage: Europäer und US-Amerikaner offen für alternative Standpunkte

Die überwiegende Mehrheit der Europäer und der US-Amerikaner zeigt Interesse am Zugang zu alternativen Sichtweisen auf internationale Ereignisse, darunter auch zur Sicht russischer Medien, ergibt eine Umfrage von ICM Research für Sputniknews im Rahmen des Projekts Sputnik.

Meinungen. Das Bedürfnis, sich zu Fragen der Zeit zu äussern, nehme zu, erklärt Hartmut Beyerl, Autor des Blogs ‹Hinter der Fichte›, die Ergebnisse der Umfrage. Er beobachte die deutschen Medien mit der grössten ­politischen Einwirkung auf die Masse der Bevölkerung. «Generell nehmen wir dort – wie auch im Print-Mainstream – eine bestürzende Oberflächlichkeit wahr.»

Fast paranoide Dämonisierung
Kreml: Westliche Medien dämonisieren Russland
«Eine historisch determinierte Beantwortung der Frage nach dem ‹Warum› der Ereignisse in der Welt findet dort kaum statt», sagt Beyerl im Interview für Anastasiia Sokolowskaja. «Wir beobachten eine schon paranoid zu nennende, durchgängige Dämonisierung Wladimir Putins und fast ausnahmslos anti-russische Darstellung der Vorgänge in Osteuropa», fügt er hinzu.

Den Deutschen fehle die früher dagewesene Streitkultur in der Berichterstattung, erklärt Politologe und Historiker Alexander Rahr im Gespräch mit Marina Piminowa. «In Deutschland gibt es eine grosse Anzahl von ­Lesern, die es sich wünschen würden, dass die Berichterstattung, was Russland und die Krise in der Ukraine ­angeht, objektiver durchgeführt werden würde. Man hat den Anschein, dass die Berichterstattung zur Ukraine in den deutschen Medien zu einseitig gewesen ist», so Alexander Rahr.

Moralisieren statt berichten
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Was in Deutschland in den letzten Jahren passiert sei, so Rahr weiter, und das habe man besonders in der ­Ukraine-Krise gesehen, sei die Moralisierung der Berichterstattung. «Journalisten und Redakteure versuchen, über Skandalisierung von Persönlichkeiten und von Kritikern bestimmte Emotionen zu schüren», sagt der ­Politologe. Einerseits gehe es darum, sich besser zu verkaufen. «Es ist auch eine Art Kultur geworden, die sich negativ abweicht, den wir als Streitkultur in den 70er oder 80er Jahren erlebt haben», so Rahr. Zwischen Deutschland und Russland gebe es bedauerlicherweise immer weniger Gesprächsformate, man führe Monologe, aber keinen Dialog.