WZ-Nr. 177: Yoga und Meditation

Wassermannzeit-Verlag / «Billy» Eduard Albert Meier


Dieser Artikel, liebe Wassermannzeit-Leser, soll eventuell als kleine Anregung oder weitere Idee zur täglichen Psyche- und Bewusstseinspflege dienen. Die durchaus positiven Erlebnisse und Erfahrungen, die ich persönlich mit der Praxis des Yoga gemacht habe, möchte ich sehr gerne weitergeben, in der Hoffnung, dass es dem einen oder anderen Menschen genauso weiterhilft und Zufriedenheit bereitet, wie mir selbst. Yoga, das auf der östlichen Halbkugel unserer Erde als völlig normal und selbstverständlich gesehen wird, wird hier im Westen oftmals nur bestimmten ‹esoterischen› Menschengruppen zugeschrieben. Für viele ist Yoga immer noch eine Beschäftigung weltfremder Phantasten, obwohl die positive Wirkung der Körperübungen längst auch von der westlichen Medizin anerkannt ist. Yoga ist aber auch weit mehr als ein Gymnastikprogramm; Yoga ist ein Weg, dessen höchstes Ziel die Selbsterkenntnis ist.

Im Gegensatz zur westlichen Philosophie suchte der Osten die Antworten auf Sinnfragen nicht ausschliesslich mit den Mitteln des Intellekts. Auf diese Weise konnte ein System wie Yoga entstehen, das körperliche Übung mit bewusstseinsmässiger Entwicklung verbindet. Die verschiedenen Übungen werden niemals nur mechanisch ausgeübt. Der Fortschritt auf dem Yoga-Weg zeigt sich eben nicht in Form akrobatischer Fähigkeiten, wie es manchmal dargestellt wird, er ist vielmehr auf die Fähigkeit bezogen, eine jeweilige Yogastellung länger und in vollkommener Ruhe zu halten. Diese Ruhe bezieht sich nicht nur auf die körperliche Ruhe, sondern auch auf die Ruhe in den Gedanken, Gefühlen und der Psyche. Die Körper- übungen des Yoga wirken durch ihre Verbindung mit Atem und Konzentration auch auf der emotionalen, bewusstseinsmässigen Ebene. So führen sie nach und nach zu einer vertieften Selbstwahrnehmung, zu innerer Ruhe und Gelassenheit und damit zu mehr Stabilität, um sich den Herausforderungen des Lebens zu stellen. Ebenfalls ist Yoga bewusst nicht vergleichend; es ist kein Wettbewerb; und es kommt nicht darauf an, ob man jemals in seinem Leben auf dem Kopf stehen wird. Es kommt nur darauf an, ob einem Yoga guttut und was es mit einem macht. Jeder Yogi übt für sich alleine, geht in sich und fühlt und spürt – ganz gleich wie gut der Yogi nebenan seine Übungen im ‹Äusseren› praktiziert. Ein jeder Yogi ist auf sich selbst fokussiert, und ein Vergleich zu einem anderen Teil- 25 nehmer findet nicht statt. In einer meiner Yogastunden haben wir eine Yoga-Stunde lang unsere Übungen mit verbundenen Augen durchgeführt, und dies war ein sehr eindrückliches Erlebnis. Man ist wirklich vollkommen bei sich, Körper und Bewusstsein sind sehr konzentriert und fokussiert, und durch diese Konzentration haben auch keine andere störende Gedanken mehr Platz. Konzentration und bewusstes Atmen senken nach und nach den eventuell vorhandenen Stresspegel und bringen uns somit die innere Ruhe. Alle Muskeln, Sehnen und Bänder werden in einem angemessenen Rahmen gedehnt und ein wohliges Körpergefühl stellt sich ein, was sich wiederum sehr positiv auf die Psyche überträgt. Das Ziel der Körper- und Atemübungen ist es, durch Selbstkontrolle von äusseren Einflüssen sowie von inneren Hemmnissen und Bedürfnissen mehr und mehr unabhängig zu werden. Der sehr bewusste Atem ist ebenso unterstützend wie auch förderlich, um gezielt zu entspannen und den natürlichen körperlichen Rhythmus wiederzufinden. Yoga entschleunigt – Yoga entschleunigt sowohl unsere Gedanken, Gefühle als auch unseren Körper. Und dies wiederum ist sehr förderlich, wenn man im Anschluss eine Meditation ausführt. Aus eigener Erfahrung kann ich nur immer wieder bestätigen, wie positiv sich Yoga und Meditation ergänzen. Es ist wie innen und aussen, wie Yin und Yang. Letztendlich ist Yoga auch eine Form, den Weg zum eigenen inneren Selbst zu finden. Yoga ist sozusagen eine aktive Form der Meditation. Achtsamkeit ist im Yoga ebenfalls das Zauberwort. Wenn wir Achtsamkeit üben, lernen wir immer mehr, uns im Inneren und Äusseren zu spüren und uns intensiv wahrzunehmen. In einer der vergangenen Yogastunden ist es mir tatsächlich gelungen, mir bildlich vorzustellen, wie ‹ein Baum verwurzelt› zu sein: Einen meiner Füsse tief in den Boden drückend, den anderen Fuss an den Oberschenkel anlehnend und die Arme weit nach oben gen Himmel gerichtet – und ganz konzentriert, tief und bewusst atmend. Ein Gefühl des Verwurzeltseins und des Eins-Seins mit allem stellte sich ein, und diese wunderbare Erfahrung begleitete mich noch den ganzen Tag … Eine meiner Yoga-Lehrerinnen bietet für die Entspannungssequenz am Ende der Yogastunde immer folgende aufbauende Gedanken an, die sich dann zum Beispiel perfekt als Überleitung für eine anschliessende Meditation eignen: 26 «Lass die Gedanken los, wie Wolken am Himmel, lass sie vorbeiziehen, sie kommen, sie gehen, doch der Himmel, strahlend, friedlich und klar, ist immer da. Sei friedlich und entspannt wie der Himmel. Fühl Dich sicher und getragen vom Universum. Alles, was kommt, ist Teil vom anmutigen Fluss des Lebens. Mit diesem Vertrauen kannst Du vollkommen loslassen.» Im Yoga begrüssen und verabschieden wir uns mit ‹Namaste›. Die Grussformel ‹Namaste› ist in Indien und anderen asiatischen Ländern gängig. Sie bedeutet auf den Punkt gebracht: «Ich grüsse das Göttliche in Dir.» Besonders gut gefällt mir die Erklärung, die Albert Einstein von Mahatma Gandhi bekommen hat, als dieser ihn auf die Bedeutung von ‹Namaste› ansprach: «Ich ehre den Platz in Dir, in dem das gesamte Universum residiert. Ich ehre den Platz des Lichts, der Liebe, der Wahrheit, des Friedens und der Weisheit in Dir. Ich ehre den Platz in Dir, wo, wenn Du dort bist und auch ich dort bin, wir beide nur noch eins sind.» Wenn man nicht ganz so streng mit dem Begriff (‹göttlich› etc.) ist, beziehungsweise wenn man weiss, was mit dem ‹Göttlichen› eigentlich gemeint ist, dann ist diese Erklärung eine wunderbare Geste und ein schöner Gedanke. In diesem Sinne ist dieser Artikel für den einen oder anderen Leser von Euch vielleicht eine kleine Anregung oder Idee, einfach mal auszuprobieren, wie sich Yoga anfühlt und wie wohltuend es sein kann.

SALOME UND NAMASTE