Europawahlen 2014

Liebes Tagebuch
Es war wieder einmal soweit, Europawahlen standen vor der Haustür. So eine Haustür kann ja manchmal ein recht zwiespältiger Bereich der eigenen vier Wände sein. Auf der einen Seite öffnet man sie nur allzugerne für gute Freunde, und im nächsten Moment stehen die Zeugen Jehovas davor und man knallt sie gleich wieder zu. Die Europawahlen sind noch einmal eine Steigerung, denn jetzt stehen politische Schönredner und Dummschwätzer vor der Haustür, die uns ihr verkorkstes Demokratieverständnis und Weltbild andrehen möchten. Diese politischen Scientologen unterlassen ja rein gar nichts, damit wir sie wählen. Am liebsten möchte man wegen ihnen die Haustür ganz zumauern und jedes Land, das kein EU-Mitglied ist, darf sich glücklich schätzen, an diesem politischen Affentheater und Wahlgenerve nicht teilnehmen zu müssen.

Ab einer bestimmten Gehaltsklasse und Machtstufe scheinen viel zu viele Politiker automatisch die Bodenhaftung durch eigene physikalische Gesetzmässigkeiten zu verlieren, und dann geht es nicht mehr um die Interessen des Landes oder Volkes, sondern um Macht, Lobbyismus usw. – halt alles, wofür man sie definitiv nicht gewählt hat. Dabei kann man auch schon einmal sein ganzes Volk verraten, wenn man z.B. nichts gegen die Bespitzelung durch die USA und den ‹heroischen› Abhörwahn der NSA gegen das eigene Volk unternimmt, und erst empört ist, als sich herausstellt, dass man auch als Politiker von diesem Bespitzelungswahn nicht ausgenommen ist. Die geheuchelte Bestürztheit, die in solchen Momenten von einem Politiker vor laufenden Kameras hinausgetragen wird, ist ein Klassiker, reich an Unterhaltungswert.

Solche Politiker, egal ob im eigenen Land oder auf EU-Ebene, soll man also wieder wählen und sich bei ihnen auch noch dafür bedanken, dass sie Probleme aussitzen, verschleppen und grundsätzlich negieren, obwohl sie – wie ein Waldbrand in Kalifornien – für jeden offensichtlich erkennbar sind.