Geheime Militärhaushalte

Kriegerische Einsätze der EU werden teilweise aus zivilen Töpfen finanziert. Die Union verstärkt Investitionen in Rüstung und benötigt dafür eine Verfassung.
Eine neue Aufrüstungswelle rollt durch Europa. Während die nationalstaatlichen Militäretats nur geringfügig wachsen, wird der EU-Haushalt immer öfter für Rüstungsvorhaben aller Art genutzt. Gleichzeitig werden Ad-hoc-Mittelplanungen für den militärischen Kernbereich von EU-Militärmissionen erstellt. Auf diese Weise entstehen, weitgehend unbemerkt von der Öffentlichkeit, geheime EU-Militärbudgets, die Frieden und Sicherheit weltweit, aber auch in Europa gefährden. Der deutsche Aussenminister Frank-Walter Steinmeier ist trotzdem voll des Lobes über die rasante Entwicklung der Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (ESVP), mit der zahlreiche Aufrüstungsvorhaben verknüpft sind: Sie «ist ein wichtiges Instrument, um dieses Ziel zu erreichen. 1999 wurde siebeim Europäischen Rat in Köln aus der Taufe gehoben, heute – nach sieben Jahren und 16 erfolgreichen Missionen – ist sie nicht mehr wegzudenken. Allein im letzten Jahr gab es zehn ESVP-Operationen (…). Dabei haben etwa 10 000 Europäer in zivilen und militärischen Einsätzen auf drei Kontinenten dazu beigetragen, Krisen zu bewältigen, Frieden zu sichern und Konflikte zu verhüten» (Süddeutsche Zeitung vom 8.2.2007). Doch diese Einsatzintensität reicht noch nicht aus. So klagt der Verantwortliche für die Aussenund Sicherheitspolitik der EU, Javier Solana, beständig über zu geringe Rüstungsausgaben zur Verwirklichung der ambitionierten Ziele der EU als Global Player. Ganz offen erklärte er auf der Berliner Konferenz zur Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik am 29. Januar 2007: «Wir müssen mehr und effizienter Geld ausgeben. Nur eine Handvoll Mitgliedstaaten geben über zwei Prozent des Bruttosozialprodukts für Verteidigung aus.»

Militarisierung von Steuergeldern
Im gültigen EU-Vertrag ist die Finanzierung von Militär- und Verteidigungsausgaben ausgeschlossen. Bei den ‹operativen› Ausgaben im Rahmen der Gemeinsamen Aussen- und Sicherheitspolitik (GASP) gilt die «Ausnahme der Ausgaben aufgrund von Massnahmen mit militärischen oder verteidigungspolitischen Bezügen». Zugleich ist festgelegt, dass Militärinterventionen «nach dem Bruttosozialproduktschlüssel zu Lasten der Mitgliedstaaten» (EU-Vertrag, Artikel 28 Absatz 3) finanziert werden müssen. Das heisst konkret: Zum einen werden die Kosten für Militärinterventionen nach dem NATO-Prinzip «Costs lay where they fall», also nach dem Verursacherprinzip von den an Militärmissionen teilnehmenden Staaten übernommen, zum anderen wird direkt auf die Haushalte der Mitgliedstaaten zugegriffen, und darüber werden die restlichen Kosten finanziert.