Die Wirkung von Gedanken

Obwohl durch ethische Erwägungen eingeschränkt, lassen klinische Daten für Nocebo-Effekte kollektiv darauf schliessen, dass unspezifische Symptome höchstwahrscheinlich durch Erwartungen seitens der Patienten beeinträchtigt werden. Bei Krebspatienten können diese unspezifischen Symptome durch nocebo-induzierte Stimuli ausgelöst oder verschlimmert werden, so z.B. Nebeneffekt-Formen, die den Patienten als Teil des Einwilligungsprozes ses übergeben werden. In der täglichen klinischen Praxis können bei Patienten, die sich mehrere Wochen einer Bestrahlungstherapie unterziehen müssen, während der ersten Behandlungswoche unspezifische Symptome manifest werden. Da sich diese Symptome – die oft Übelkeit, Kopfschmerzen, Beschwerden des Magen-Darm-Trakts und Müdigkeit mit einschliessen – gewöhnlich allein durch Beruhigung bessern, ist man versucht anzunehmen, dass die Erwartung solcher Effekte bei deren In-Erscheinung-Treten eine wichtige Rolle spielt, wie sich dies bei anderen Krankheiten zeigt. Beispielsweise zeigte sich in einer Zufalls-Studie von Aspirin bei Patienten mit einer unstabilen Angina, dass bei den Patienten mehr Beschwerden des Magen-Darm-Trakts und eine höhere Wahrscheinlichkeit des Studienabbruchs festgestellt wurde, die Placebos einnahmen und deren Einwilligungs-Formulare eine Warnung bezüglich Magen-Darm-Störungen als mögliche Nebenwirkung der Behandlung enthielt, als dies bei jenen der Fall war, welche keine solche Vorauswarnung enthielten. Die ethische Basis für die Information der Patienten über jede mögliche Behandlungs-Nebenwirkung beruht im Prinzip des Respekts für die Autonomie des Patienten. Dieses Modell suggeriert, dass alle Informationen, die ein Klinikarzt nutzt, um eine spezifische Behandlung durchzuführen, ausdrücklich mit dem Patienten besprochen werden sollte, wenn es ihm hilft, eine informierte Entscheidung zu treffen. So werden Patienten von Lieferanten und durch geschriebenes Material, z.B. auf der Einwilligungserklärung oder auf den Beipackzetteln, mit ungefilterten Informationen über unspezifische Nebenwirkungen konfrontiert, ohne dass der Nocebo-Effekt berücksichtigt wird. Damit dieses Modell für den Patienten wirkt, müssen die Risiken und der Nutzen einer spezifischen Behandlung völlig losgelöst sein vom Akt der Informationspreisgabe an den Patienten. Obwohl diese Vorstellung bei einigen Behandlungen zutreffen mag, ist sie nicht einheitlich anwendbar. Bei chirurgischen Eingriffen wird das Behandlungsergebnis wahrscheinlich mehr mit der Anatomie des Patienten und mit den Operationstechniken verbunden und weniger beeinträchtigt durch den Informationsaustausch während des Einwilligungsprozesses.