Hörbücher und ihr Nutzen

Eben habe ich eine Hörbuch-‹Lektüre› abgeschlossen, nämlich den Roman ‹Frankenstein› von Mary Shelley, der als phantastischer Roman zur Weltliteratur zählt. Während nahezu 7,5 Stunden habe ich mich während einiger Tage unter verschiedenen Voraussetzungen dem Werk gewidmet. Während der Vorleser sprach, war ich entweder am Nähen, am Aufräumen und bei kleineren Reinigungsarbeiten, daran Kleider auszubessern oder etwas Kurzes zu schreiben – oder ich hörte auch nur aufmerksam zu. Dass ich mich nicht ausschliesslich aufs Zuhören beschränkte, lag daran, dass ich wissen wollte, wie viel und wie genau ich Text und Inhalt des Buches aufnehmen konnte, wenn ich mich nebenbei mit anderem beschäftigte, also in einem grösseren oder minderen Mass abgelenkt war, wie es z.B. der Fall ist, wenn man auch im Auto ein Hörbuch hört. Die Stimme des Vorlesers war angenehm und in einem Timbre und Tonfall, dass ich ihm gerne und aufmerksam zuhören konnte. Die Geschichte ist faszinierend und so grundlegend anders, als die nichtssagenden und dummen Filme, die von der Oberfläche des Stoffes abgeschöpft wurden. Die Sprache ist wunderschön und poetisch und die Landschaftsbeschreibungen gut, wenn auch nicht überragend – hingegen sind die inneren Zustände, die zwischenmenschlichen Beziehungen und die menschlichen Werte sowie der Gesamtlauf des Romans packend und spannend dargestellt – alles in allem ein Werk, das einem wirklich fesseln kann und dem man gerne und ohne Langeweile folgt.
Trotzdem kam ich zum Schluss, dass ich mir das Buch sicher noch mehrere Male anhören muss, und zwar mit voller Konzentration, wenn ich es vollumfänglich aufnehmen und einen Nutzen daraus ziehen will, was sich durchaus lohnen wird, denn es ist auf verschiedenen Ebenen sehr interessant und wird von den Rezensenten definitiv unterschätzt, denn im Ganzen ist es eine aufschlussreiche Metapher auf den Menschen, sein Denken, Fühlen und Handeln. Auch während Phasen, in denen ich völlig aufmerksam und konzentriert zuhörte, musste ich feststellen, dass meine Gedanken abschweiften und einer bestimmten Idee des Textes folgten, während der Vorleser seine Lektüre natürlich deshalb nicht unterbrechen konnte, sondern einfach weiterlas, was dazu führte, dass ich einen oder mehrere Sätze verpasste, je nachdem, wie lange mein Gedankengang dauerte. Wenn ich dazu noch durch Arbeiten abgelenkt wurde, die meine Aufmerksamkeit beanspruchten, dann konnte es durchaus sein, dass ich halbe oder ganze Kapitel einfach nicht wahrgenommen habe, weil ich automatisch den Sprecher ausblendete, um mein Arbeitsproblem lösen zu können, weshalb ich dann die entsprechenden Stellen nachhören musste, was mir jedoch nicht mehr mit der gleichen Zugewandtheit möglich war wie zuvor, denn wenn eine Stelle kam, die ich bereits kannte, hörte ich nur noch mit halbem Ohr hin – und verpasste natürlich dann wieder ein wichtiges Stück des Romans. Im grossen und ganzen war es zwar angenehm, dass ich mir das Buch vorlesen lassen konnte, aber es war auch zutiefst unbefriedigend, denn ich habe nur halb soviel mitbekommen, wie wenn ich das Buch selbst gelesen hätte.