Religiöser Terror kennt keine Grenzen

Exkommunikation nach Abtreibung

Kolumbien: Kirche straft alle Beteiligten – Auch Politiker betroffen

BOGOTA. Die katholische Kirche in Kolumbien hat nach der Abtreibung bei einem vergewaltigten elfjährigen Mädchen die Exkommunikation aller Beteiligten angekündigt. Dies betreffe die direkt und indirekt an dem Schwangerschaftsabbruch Beteiligten wie die Erziehungsberechtigten des Mädchens, die Ärzte, Krankenschwestern, Politiker und Gesetzgeber, sagte Kardinal Alfonso López Trujillo.
Das Mädchen ist nach dem Kirchenrecht, das eine automatische Exkommunikation aller am Schwangerschaftsabbruch Beteiligten vorschreibt, von der Massnahme wegen strafmildernder Gründe ausgenommen. In Kolumbien ist die Abtreibung seit Mai in wenigen Ausnahmen, darunter bei Vergewaltigung, erlaubt. Der Oberste Gerichtshof des Landes hatte die Abtreibung bei dem Mädchen, das vier Jahre lang von ihrem Stiefvater missbraucht worden war, nach einem Antrag der Grossmutter ausdrücklich genehmigt. Es war die erste erlaubte Abtreibung in dem streng katholischen Land.
Kirchenkritiker warnen, die Verdammung der Abtreibung bringe jährlich Tausende Frauen in Not dazu, eine Schwangerschaft unter Lebensgefahr illegal abbrechen zu lassen. Nach offiziellen Angaben wurden 2005 in Kolumbien allein 27 000 Fälle sexuellen Missbrauchs Minderjähriger registriert.
Die Abtreibung ist eine der wenigen Taten, für die das katholische Kirchengesetzbuch von 1983 die automatische Exkommunikation aller Beteiligten vorsieht. Wird eine solche sogenannte Tatstrafe durch einen Spruch wie jetzt durch den kolumbianischen Kardinal noch ausdrücklich untermauert, handelt es sich um eine besonders schwere Form des Ausschlusses und der öffentlichen Ächtung. (dpa)

Kölnische Rundschau, 31.8.2006