Ode an den menschlichen Körper

Der Menschenkörper als fleischliches Wesen ist sehr gefährdet und allen möglichen inneren und äusseren Gefahren und Angriffen ausgesetzt. Im Gegensatz zu den reingeistigen Komponenten, der Geistform und der geistigen Bewusstseinsform, ist der menschliche Körper in seiner zeitlichen Wirksamkeit und Beständigkeit sehr beschränkt und dem allmählichen materiellen Zerfall ausgeliefert. Zusätzlich wird er von Krankheiten, Gebrechen oder Behinderungen bedroht, die wiederum die Erfüllung seiner Aufgabe in Frage stellen, verhindern oder bedrohen können.

OM, Kanon 32, Verse 693/733:
693. Für den Menschen steht das Alter drohend da wie eine Tigerin, Krankheiten stürmen wie Feinde auf den Körper ein, das Leben verrinnt, wie Wasser aus einem zerbrochenen Kruge, und trotzdem tut der Mensch Böses in seiner Unvernunft.
733. Der Unkluge achtet zu sehr auf seinen Leib und wehleidet ihn, weshalb er einmal erwägen möge, in wie vielerlei Lagen der Leib nicht kommt, dieser Leib, der ein Gefäss der Trauer und der Freude, eine blosse Umwandlung von Erde und ein Gehäufe unreiner Stoffe ist; schickt es sich demnach für Kluge, dass sie auch nur einen Augenblick auf ihn Bedacht nehmen; heisst es nicht, sich selbst misshandeln, wenn man um das Ich des Körpers zu ängstlich besorgt ist!

Der menschliche Körper hat als solcher keine eigene bewusste Entscheidungsgewalt und ist in seiner Funktion an biologische Abläufe, chemische Reaktionen, Reflexe, natürliche Prinzipien und Vorgänge gebunden. Als Sitz und Instrument des menschlichen Verstandes und Bewusstseins ist er in seinem Tun und Handeln sowie in seinen Bewegungsabläufen von der Steuerung durch das Bewusstsein abhängig. Ein gesundes Bewusstsein, Unterbewusstsein und deren Unbewusstenformen herrschen vollumfänglich über sein fleischliches, körperliches Werkzeug und Instrument. Ist zum Beispiel das Wach-Bewusstsein nicht willens, den Körper auf einen Stuhl zu setzen, ihn aufrecht gehenzulassen oder einen Finger zu krümmen, dann vermag dieser sich nicht bewusst durch eine eigene Entscheidung in der genannten Weise zu bewegen. Es liegt nicht in der Aufgabe des menschlichen Körpers, gegen die Geistform oder gegen das Bewusstsein zu rebellieren resp. sich gegen deren Entscheide zu erheben, sondern sie liegt vielmehr darin, ihnen vollumfänglich evolutiv dienlich zu sein. Jede einzelne Bewegung des menschlichen Körpers ist das Produkt eines bewussten, unbewussten oder unterbewussten Prozesses. Der menschliche Körper und das Bewusstsein sind in ihrem gemeinsamen und kausalen Wirken sehr voneinander abhängig. Durch die Kräfte des menschlichen Bewusstseins und durch die Macht der Gedanken und Gefühle wird der fleischliche Körper in negativer oder positiver Weise stark beeinflusst. Dadurch sind geistige, halbmaterielle und materielle Bereiche im Menschen miteinander verflochten. In der Medizin werden psychische oder bewusstseinsmässige gesundheitliche Auswirkungen und Manifestationen des Körpers als Psychosomatik und in der Geisteslehre in Erweiterung auch Bewusstseins-Somatik genannt. Aus dieser Perspektive heraus betrachtet, kann der menschliche Körper als die sichtbare und materielle Erscheinung und Personifizierung des schöpferischen Teilstückes – genannt Geistform – und des menschlichen Bewusstseins bezeichnet werden. Daher darf der Mensch in seiner Körperlichkeit niemals nur als reines fleischlich-materielles Wesen angesehen werden, vielmehr muss auch seinen inneren, unsichtbaren, bewusstseinsmässigen und geistigen Komponenten eine gebührende Aufmerksamkeit geschenkt werden.